COVID-19 in Österreich: Gemeinsame Stellungnahme zur aktuellen Situation
Das im Frühjahr erstmals aufgetretene, pandemische Virus SARS-CoV2 stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Wie Beispiele aus anderen Ländern mehrfach gezeigt haben führen „ungebremste“ Wellen von vielen, gleichzeitig stattfindenden COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Belastungen von Spitälern und vor allem für Intensivstationen, mit negativen Folgen, auch für die Versorgung von Patienten mit anderen Erkrankungen.
Diese Erkrankungswellen können sich aufgrund fehlender Immunität gegen das neue Virus rasch ausbreiten, und betreffen vor allem Personen über 65 Jahre, die ein erhebliches Risiko haben, schwer an COVID-19 zu erkranken. Das persönliche Risiko für eine tödliche COVID-19- Erkrankung von vermutlich ca. 0,3% der Infizierten ist unter Bedingungen eines funktionierenden Gesundheitssystems für die Gesamtbevölkerung gering, erreicht aber in Regionen mit ungebremster Ausbreitung um ein vielfaches höhere Werte und steigt in höherem Alter deutlich an. Es ist bislang weitgehend unbekannt, welche Faktoren für ein hohes persönliches Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung verantwortlich sind.
Ein funktionierendes Gesundheitssystem setzt voraus, dass stationäre Kapazitäten nicht überlastet werden. Auch sehr gut ausgebaute Gesundheitssysteme weisen, unabhängig von der aktuellen Pandemie, bereits eine hohe Auslastung auf, wobei insbesondere der Auslastungsgrad der anspruchsvollen Intensivressourcen bei ca. 90% liegt. Eine hohe Aufnahmerate von Patienten mit COVID-19-Erkrankung führt daher unabdingbar zu Versorgungsengpässen. Zudem beträgt die durchschnittliche Zeit der Intensivbehandlung bei COVID-19-Erkrankten mehr als das Doppelte einer durchschnittlichen Behandlungsdauer.
Laut Schätzungen der WHO waren bisher maximal 10% der Weltbevölkerung dem SARS-CoV2-Virus ausgesetzt, sodass nach wie vor die große Mehrheit der Bevölkerung anfällig für eine COVID-19-Erkrankung ist. Die Ausbreitung von SARS-CoV2 lässt sich durch Maßnahmen der Kontaktreduktion und der allgemeinen Hygiene effektiv reduzieren. Die Vermeidung von Situationen, in denen Distanzierung nicht möglich und ein potentiell hohes Übertragungsrisiko gegeben ist, spielt in der Eindämmung der Pandemie eine wichtige Rolle. Da SARS-CoV2-Viren vor allem durch Tröpfchen, z.B. beim Sprechen und durch länger in der Luft schwebende Teilchen (Aerosole), übertragen werden, ist das Tragen von MNS-Masken nachweislich eine zusätzlich wirksame Maßnahme der Prävention.
Da SARS-CoV2 auch von infizierten Personen vor Auftreten von Symptomen übertragen werden kann, ist zur Kontrolle der Infektionssituation das Identifizieren und Isolieren sowohl von „ansteckenden“ Personen als auch von Patienten mit Symptomen entscheidend.
Das klinische Management und die Prognose von Patienten mit COVID-19-Erkrankung haben sich seit dem Frühjahr verbessert, es ist allerdings keine effiziente, kausale Therapie verfügbar. Eine Entspannung der Situation wird voraussichtlich durch die Verfügbarkeit eines Impfstoffes eintreten. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden im Laufe des Jahres 2021 wirksame Impfstoffe gegen SARS-CoV2 verfügbar sein. Voraussetzung für eine Impfstoffzulassung in entwickelten Ländern ist jedenfalls ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis.
Medizinische Universität Wien:
Stephan Aberle, Judith Aberle, Heinz Burgmann, Hans-Peter Hutter, Klaus Markstaller, Markus Müller, Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Monika Redlberger-Fritz, Anita Rieder, Eva Schernhammer, Christoph Steininger, Robert Strassl, Miranda Suchomel, Florian Thalhammer, Stefan Thurner, Rudolf Valenta, Oswald Wagner, Ursula Wiedermann-Schmidt, Markus Zeitlinger
Medizinische Universität Innsbruck:
Dorothee von Laer, Günter Weiss
Medizinische Universität Graz:
Philipp Metnitz, Robert Krause
Kepler Universitätsklinikum Linz, Medizinische Fakultät der Johannes Kepler Universität:
Bernd Lamprecht
Universitätsklinik für Innere Medizin 3, Uniklinikum Salzburg:
Richard Greil
Wiener Gesundheitsverbund:
Michael Binder
Wiener Gesundheitsverbund, Klinik Favoriten:
Christoph Wenisch
Österreichische Ärztekammer:
Thomas Szekeres